Erste Stufe: Standardisierung der Rohmilch
Um die Milchbestandteile voneinander zu trennen, sind komplexe technische Verfahren notwendig. Die älteste und bekannteste Technik ist die Abtrennung des Milchfettes, das heisst die Aufteilung der Milch in Milchfett (Rahm) und Magermilch. Dieser Schritt erfolgt auch heute bei jedem Milchverarbeiter, um Rohmilch auf einen bestimmten Fettgehalt zu standardisieren. Diese standardisierte Milch können wir nach dem Eindicken trocknen und als Magermilchpulver verkaufen. Für Vollmilchpulver geben wir das Milchfett bis zum gewünschten Fettwert wieder der Magermilch bei. Die so standardisierte Vollmilch wird konzentriert und dann getrocknet. Für die Schokoladenindustrie wird das Vollmilchkonzentrat beispielsweise walzengetrocknet (mehr Informationen zu diesem Verfahren erhalten Sie im Artikel "HOCHDORF schreibt Schokoladengeschichte" ).
Zweite Stufe: Herausfiltern der Proteinbestandteile
Die nächste Stufe des «Milchcrackings», d.h. der Aufspaltung der Milch in ihre Bestandteile, ist die Fraktionierung der Proteine. Milch enthält zwei Haupt-Proteingruppen: Kaseine und Molkenproteine. Von den durchschnittlich rund 34 Gramm Proteinen pro Kilogramm Milch machen die Kaseine etwa 80 Prozent (ca. 27 Gramm) aus. Kaseine heissen so, weil sie bei der Käseherstellung im Käse verbleiben. Die zweite Proteingruppe bleibt in der Molke und wird deshalb Molkenprotein genannt.
Um die Milchbestandteile voneinander zu trennen, sind komplexe technische Verfahren notwendig.
Die HOCHDORF-Gruppe wendet für die Proteinfraktionierung die Membrantechnologie (Ultrafiltration, Mikrofiltration) an. Diese Technologie hält mittels Membranen die Milchproteine zurück (Retentat). Die Laktose und die Mineralien passieren die Filter (Permeat). Durch die Verwendung verschiedener Rohstoffe und mittels unterschiedlicher Membrantypen können wir ein breites Portfolio an spezialisierten Proteinkonzentraten herstellen: Milchproteinkonzentrat mit 85% Protein (MPC85), Konzentrate mit erhöhtem Kasein-Anteil (mizelläres Kasein), Molkenproteinkonzentrate (WPC60, WPC80) und Buttermilchproteinkonzentrat (BM60). Die Proteinkonzentrate werden zum grössten Teil in Pulverform vermarktet; flüssige Proteinkonzentrate müssen gekühlt werden.Die Aufspaltung der Milchproteine in Kasein und Molkenprotein ist noch nicht das Ende der Fahnenstange. Nach Kundenwunsch und Einsatzgebiet optimieren wir die Funktionalitäten gezielt mittels weiterer Verarbeitungsschritte (z.B. durch Erhitzung). Zudem geht der Trend hin zu einer weiteren Aufspaltung der beiden Milchprotein-Hauptarten.
Technologische Eigenschaften
Weshalb wird ein solch grosser Aufwand für das Milchcracking betrieben? Die Antwort ist einfach: Milchproteine verfügen je nach Fraktion und Verarbeitung über interessante technische Eigenschaften (siehe Abbildung «Technologische Eigenschaften der Milchproteine»). Zudem gelten sie lebensmittelrechtlich als Zutaten und nicht als Zusatzstoffe, d.h. Milchproteine ermöglichen eine Produktdeklaration ohne E-Nummer. Die hohe Verfügbarkeit ist ebenfalls ein Grund dafür, weshalb die Produkte gerne in der Lebensmittelindustrie eingesetzt werden.
Milchproteine in der Nahrungsmittelindustrie
Die vielfältigen technologischen Eigenschaften der Milchproteine ermöglichen ein breites Einsatzspektrum. Die Käsereien reichern ihre Milch z.B. mit Milchproteinen oder mit mizellärem Kasein an, um die Käseausbeute zu erhöhen. Die Molkenproteine enthalten einen extrem hohen Nährwert, d.h. die Aminosäure-Zusammensetzung ist ideal. Deshalb sind sie ein wichtiger Bestandteil von Babynahrung. Wegen ihrer emulgierenden und wasserbindenden Eigenschaften werden Molkenproteine gerne in der Herstellung von Fertiggerichten, in Speiseeis oder in Getränken eingesetzt.
Milchproteine verfügen je nach Fraktion und Verarbeitung über interessante technische Eigenschaften.
Für feine Sorbets, Kuchen und Kleingebäck werden Molkenproteine gänzlich ohne Fettanteil eingesetzt, weil sie schaumbildend wirken. Buttermilch, ein Nebenprodukt bei der Butterproduktion, enthält eine hohe Konzentration an Phospholipiden (Fett). Bei der Buttermilchprotein-Aufkonzentrierung werden gleichzeitig auch die vorhandenen Phospholipide konzentriert. Dadurch entsteht ein Buttermilchproteinkonzentrat mit extrem guter Emulgiereigenschaft. Das Produkt kann z.B. als Eigelb-Ersatz in Speiseeis verwendet werden.
Ein Mitarbeitender der HOCHDORF-Gruppe bei der Nanofiltrationsanlage im Werk Sulgen.
Intensive Zusammenarbeit mit dem Kunden
Heute bestimmt grundsätzlich der Markt, d.h. die Konsumentenwünsche, die Produktanforderungen und damit auch die Weiterentwicklung in der Milchfraktionierung. In den Anfangszeiten war dies jedoch umgekehrt: Techniker interessierten sich dafür, wie stark der Rohstoff Milch in seine Einzelteile zerlegt werden kann. Deshalb darf im Falle der Proteinfraktionierung die Wirkung des Technologie-Pushs der Anfangszeiten nicht unterschätzt werden. Plötzlich konnten Molkenproteine aufkonzentriert werden, aber es gab noch keinen Markt dafür. Deshalb musste zu Beginn auch die (Applikations-)Forschung vorangetrieben werden. Die technologische Kundeberatung beim Proteinverkauf ist deshalb bis heute wichtig. Unsere Entwickler arbeiten jeweils projektbezogen sehr intensiv mit den Kunden zusammen, um das richtige Proteinkonzentrat für die gewünschte Rezeptur zu identifizieren. Melden Sie sich, falls Sie Fragen zu diesem Thema haben.
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