HocIns_No_3_BC_Eisenmangel-bei-Kleinkindern

Eisenmangel bei Kindern ist ein Thema, das selbst die Industriestaaten betrifft. Der Grund liegt oft in einer einseitigen Ernährung und beeinflusst die gesunde Entwicklung unserer Kleinsten.


MIT EISEN ANGEREICHERTE BABY- UND KINDERMILCHEN

Kinder, die ab dem sechsten Monat mit Eisen angereicherte Baby- und Juniormilchen trinken, sind weniger davon betroffen als jene mit hohem Kuhmilchkonsum.

Müde, un­kon­zen­triert und keine Lust zum Spie­len? Jedes Kind kennt sol­che Tage. Sie gehen vor­über. Doch wer­den aus ei­ni­gen Tagen gar meh­re­re Wo­chen oder Mo­na­te, ist Vor­sicht ge­bo­ten: Chro­ni­sche Mü­dig­keit, Kon­zen­tra­ti­ons­stö­run­gen und Schlaf­pro­ble­me sind bei Kin­dern häu­fig auf einen Ei­sen­man­gel zu­rück­zu­füh­ren.

Ob jung oder alt – unser Kör­per und un­se­re Or­ga­ne brau­chen En­er­gie. Zu­ge­führt wird sie über das Blut. Haben wir zu wenig Blut, wird unser Kör­per un­ge­nü­gend mit Sauer­stoff ver­sorgt. Un­se­re kör­per­li­che und geis­ti­ge Leis­tungs­fä­hig­keit sinkt. Wir füh­len uns an­triebs­los und kön­nen uns nur noch schlecht konzen­trieren. Doch um Blut zu bil­den, be­nö­ti­gen wir Eisen.

Ohne Eisen geht bei Kin­dern nichts

Für die ge­sun­de Ent­wick­lung braucht ein Kind wäh­rend der Wachs­tums­pha­se sogar rund 50 Pro­zent mehr Eisen als ein aus­ge­wach­se­ner Mann.(1) Trotz­dem wei­sen in den In­dus­trie­staa­ten 5 bis 20 Pro­zent aller Kin­der unter fünf Jah­ren einen Ei­sen­man­gel auf. In den Schwel­len­län­dern sind schon über 50 Pro­zent davon be­trof­fen, in den Ent­wick­lungs­län­dern teil­weise bis zu 70 Pro­zent.(2, 3) In den In­dus­trie­staa­ten liegt der Ei­sen­man­gel vor allem an den ver­än­der­ten, oft einsei­tigen Ess­ge­wohn­hei­ten. Denn unser Kör­per kann Eisen weder sel­ber bil­den noch lange spei­chern. Er muss es des­halb re­gel­mäs­sig über die Nah­rung er­hal­ten. Die Basis für eine aus­rei­chen­de Ei­sen­zu­fuhr liegt daher in einer aus­ge­wo­ge­nen und ab­wechs­lungs­rei­chen Er­näh­rung. Fleisch und Ge­trei­de­pro­duk­te sind bei­spiels­wei­se her­vor­ra­gen­de Ei­sen­lie­fe­ran­ten. Doch statt ge­sun­des Eisen neh­men un­se­re Kin­der häu­fig zu viele Fette und Zu­cker zu sich, bei­spiels­wei­se in Form von Fast­food, Snacks und Süss­ge­trän­ken.

Er­hält ein Kind wäh­rend sei­ner Ent­wick­lungs- und Wachs­tums­pha­se zu wenig Eisen, kann dies zu ­gesundheitlichen Pro­ble­men füh­ren: bei­spiels­wei­se zu Ge­dächt­nis- und Auf­merk­sam­keits­de­fi­zi­ten ­sowie zu De­pres­sio­nen.(4) Doch auch der Kör­per nimmt Scha­den. Es kommt zu Wachs­tums­stö­run­gen. Mit einer ge­ziel­ten Ei­sen­the­ra­pie(5) kann man die kör­per­li­chen und geis­ti­gen De­fi­zi­te teil­wei­se wie­der wett­ma­chen. Ein Ei­sen­man­gel soll­te des­halb früh­zei­tig er­kannt und be­han­delt wer­den. Noch bes­ser ist es, wenn er gar nicht erst ein­tritt.

Wach­sen­de Kin­der brau­chen viel Eisen

Die meis­ten Kin­der wer­den im Mut­ter­leib gut mit Eisen ver­sorgt und kom­men mit einem vol­len Spei­cher zur Welt. Doch nach 4 bis 6 Mo­na­ten leert sich die­ser, falls das Baby über die Mut­ter­milch und die Nah­rung kei­nen Nach­schub er­hält.

Im Alter von 6 bis 36 Mo­na­ten be­fin­det sich der kind­liche Kör­per in Bezug auf den Ei­sen­spie­gel in sei­ner ers­ten kri­ti­schen Phase.

Der Ei­sen­ge­halt in der Mutter­milch sinkt in den ers­ten sechs Mo­na­ten nach der ­Geburt um die Hälf­te. Doch ab sechs Mo­na­ten nimmt die Blut­men­ge eines Kin­des wachs­tums­be­dingt stark zu. Zur Bil­dung von Hä­mo­glo­bin braucht es nun viel Eisen.(6) Spä­tes­tens jetzt muss auf eine ei­sen­rei­che Bei­kost ge­ach­tet wer­den. Stil­len al­lei­ne reicht nicht mehr aus. Das feh­len­de Eisen in der Mut­ter­milch durch die Ab­ga­be von Kuh­milch und Milch­pro­duk­ten kom­pen­sie­ren zu wol­len, führt kaum zum Er­folg. Ge­wöhn­li­che Kuh­milch be­sitzt nur sehr wenig Eisen. Geht man davon aus, dass ein Klein­kind pro Tag 7 Mil­li­gramm Eisen be­nö­tigt, müss­te es 14 Liter Kuh­milch zu sich neh­men, um die emp­foh­le­ne Ta­ges­men­ge zu er­rei­chen.(7) Trinkt das Kind eine mit Eisen an­ge­rei­cher­te Baby- oder Ju­nior­milch (bei­spiels­wei­se zwi­schen 7 und 12 Mil­li­gramm pro Liter), kann es ­seinen Tages­bedarf pro­blem­los de­cken.

Baby- und Ju­ni­or-Mil­chen kön­nen gegen Ei­sen­man­gel hel­fen

An und für sich brau­chen Kin­der keine ei­sen­hal­ti­gen Ju­ni­or- und Kin­der­mil­chen, so­fern sie ge­mäss den län­der­spe­zi­fi­schen Richt­li­ni­en der Gesundheitsbehör­den er­nährt wer­den. Gute Ei­sen­lie­fe­ran­ten sind Fleisch, Ei­gelb und Fisch, aber auch Hül­sen­früch­te und Voll­korn­pro­duk­te (vgl. Ta­bel­le). Wobei tie­ri­sches Eisen (Hämei­sen) vom Kör­per weit­aus bes­ser auf­genommen wird als pflanz­li­ches (Nicht-Hämei­sen).

Lei­der lie­gen Theo­rie und Pra­xis weit aus­ein­an­der. Uns Er­wach­se­nen fehlt oft die Zeit oder die Mög­lich­keit, un­se­ren Kin­dern mehr­mals täg­lich eine fri­sche Mahl­zeit zu­zu­be­rei­ten. Statt Obst und ein haus­gemachtes, mit Ge­mü­se, Käse oder Fleisch be­leg­tes Voll­korn­brot ver­ab­rei­chen wir ihnen viel zu oft Zwischen­mahlzeiten, die aus Weiss­bröt­chen sowie zu­cker­rei­chen Kek­sen und Rie­geln be­stehen. Dazu gibt es zwar ein Glas ge­sun­de Milch, doch wie er­wähnt, ent­hält Kuh­milch nur wenig Eisen. Am Mit­tag oder am Abend gibt es dann Tief­kühl­piz­za, einen Tel­ler In­stant­nu­deln oder ein Mi­kro­wel­len-Fer­tig­ge­richt. Fer­tig­ge­rich­te sind zwar prak­tisch, je­doch nicht immer sehr vit­amin­reich. In sol­chen Fäl­len oder an sol­chen Tagen macht es Sinn, sei­nem Spröss­ling zu­sätz­lich eine ei­sen­hal­ti­ge Ju­ni­or- und Kin­der­milch zu verab­­reichen. Ge­mäss den meis­ten Stu­di­en wei­sen näm­lich Kin­der, die Baby- und Ju­nior­mil­chen trin­ken, bes­se­re Ei­sen­wer­te auf als jene, die aus­schliess­lich Kuh­milch zu sich neh­men.(8, 9)

Doch auch eine ge­sun­de Er­näh­rung hat ihre Tü­cken. Kuh­milch und ei­ni­ge pflanz­li­che Nah­rungs­mit­tel ent­hal­ten Stof­fe, so­ge­nann­te In­hi­bi­to­ren, die eine Auf­nah­me von Eisen hem­men. Vor allem sind dies Ma­gne­si­um, Kal­zi­um, Po­ly­phe­no­le und Phos­pha­te. Isst ein Kind bei­spiels­wei­se Schin­ken oder ein Ei, trägt dies wenig zum Auf­fül­len sei­nes Ei­sen­spei­chers bei, wenn es dazu Kuh- und So­ja­milch trinkt. Bes­ser wäre ein Glas Baby- bzw. Kin­der­milch oder Frucht­saft. Denn Vit­amin C hilft, Eisen aus der Nah­rung zu lösen.

Es gibt viele Mög­lich­kei­ten, den Ei­sen­ge­halt einer Mahl­zeit zu er­hö­hen. Man kann bei­spiels­wei­se statt mit Kuh­milch, das Mües­li oder den Ge­mü­se­brei mit Baby- oder Ju­nior­mil­chen an­rüh­ren. Oft hilft es schon, den Kon­sum von Milch­pro­duk­ten oder an­de­ren, eisen­hemmenden Nah­rungs­mit­teln zu re­du­zie­ren und Fertig­gerichte mit fri­schen Zu­ta­ten auf­zu­pep­pen. Wir sind es un­se­ren Kleins­ten schul­dig.

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Weitere Informationen


Quellen
1) Swissironsystem.ch, eisenzentrum.org
2) Data.Worldbank, Prevalence of anemia among childern under 5
3) WHO Global Database on Anaemia
4) Nutrition Reviews® Vol 69 (Suppl). S43–S48
5) Lozoff B et al: Behavioral and developmental effects of preventing irondeficiency anemia in healthy full-term infants. Pediatrics: 2003;112:846-854
6) Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin
7) Nutrition Reviews® Vol 69 (Suppl). S37–S42
8) Smith NJ, Hunter RE. Iron requirements during growth. In: Hallberg L et al. Iron Deficiency. New York: Academic Press; 1970:199–211
9) Woodruff CW et al. The role of fresh cow’s milk in iron deficiency. Am J Dis Child. 1972;124:26–30
10) Brunner S et al. Zentrum für Labormedizin, Kantonsspital Aarau, Schweiz: Eisenmangel, Gehirnentwicklung und kognitive Leistungsfähigkeit, ARS Medici Dossier 2013
11) Institute of Medicine. Dietary Reference Intakes for vitamin A, vitamin K, arsenic, boron, chromium, copper, iodine, iron, manganese, molybdenum, nickel, silicon, vanadium and zinc. Washington D.C. National Academy Press, 2001. www.nap.edu/books

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